Gestern abend wurde von SPÖ und ÖVP bekanntgegeben, dass sie die nächsten 5 Jahre wieder eine Koalition bilden möchten. Schön und gut – es sei ihnen freigestellt. Da wir (im Zuge meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Campus Steyr) im Zuge des Wahlkampfes die Aktivitäten der Parteien im Web genauestens beobachteten habe ich mir auch so allerlei Facebook-Freunde damals gesammelt. Unter anderem Herrn Werner Faymann (SPÖ) und Herr Hans Christian Strache (FPÖ). Beide sind natürlich nur virtuelle „Freunde“ – im realen Leben ist es bei mir selbstverständlich anders.
Interessant ist bei Herrn Faymann und Herrn Strache, dass es sich hierbei nicht um die echten Herren handelt, oder von den Parteizentralen gesteuerte virtuelle Politgrößen, sondern es ist ein umtriebiger Witzbold, der hier für Faymann und Strache ein negatives Reputation Management vollzieht und so manchen Facebook User hinters Licht führt.
Für die jeweiligen Parteien ein kleineres Waterloo, denn Herr Faymann und Herr Strache schreiben sich den Frust von der Seele. Bei so mancher Wortmeldung wird den jeweiligen Parteistrategen wohl ganz mulmig. Werner Faymann hat bisweilen ganze 127 Freunde bei Facebook und hat in den letzten Wochen zum Beispiel folgende Wortmeldungen von sich gegeben:
- Werner diniert gerade mit Onkel Hans, um den würdigen Vizekanzlerkandidaten auszuwählen.
- Werner wird nicht warm mit dem Pröll. Der spurt nicht…
- Werner kann das schleimige Lächeln vom Pröll so überhaupt nicht ausstehen.
- Werner sucht gerade die Handynummer vom Strache raus.
- Werner schreibt an einem 10-Fragenkatalog für die ÖVP. Rache ist süüüüß – *froi*.
HC Strache hat auf Facebook noch mehr Freunde als sein Widersache Faymann, nämlich satte 167. Strache ließ die letzten Wochen folgende Nachrichten an seine „Freunde“ auf Facebook zukommen:
- Heinz arbeitet an den Wahlkampfslogans für die nächste Bürgermeisterwahl. Wie wär’s mit „Statt Döner, Kebap und Kouskous, lieber ehrlich deutschen Gruß“?
- Heinz haut sich jetzt ins Bett nach einer Discotour um jungen Wählern aufs Maul zu schauen.
- Heinz würde die Koalitionsverhandlungen belächeln, wenn’s nicht so traurig wär mit dem Bauer und dem Liesinger.
- Heinz hat gerade mit seinen Freunden gewettet, dass die Koalition nicht länger als 26 Monate hält. Eine Kiste Wieselburger ist Einsatz…
So witzig diese Äußerungen auch sein mögen so ist nicht klar ersichtlich, dass es sich hier um Satire handelt und diese Statements nicht von den echten Straches oder Faymanns kommen. Die Reputation könnte dahin sein, besonders in unserer schnelllebigen Zeit, in der vieles nicht mehr tiefgründig untersucht wird und schnell für Wahres hingenommen wird. Niko Alm schreibt in seinem Blog über das Cybersquatting beim Facebook Profil von Alexander van der Bellen und stösst dabei in ein ähnliches Horn. Mal sehen wie lange hier die jeweiligen Parteien noch tatenlos zusehen. Noch nie war virtueller Identitätsdiebstahl so einfach und wirkungsvoll.
Update 26.11.08: Auch Leute im Jenseits sind Facebook-Liebhaber, so ist auch der verstorbene Politiker Jörg Haider noch immer aktiv in Facebook unterwegs und lässt seine Freunde wissen, was sich im Moment alles bei ihm so tut:
Ich ‚glaube‘ gar nicht, dass die Parteien untätig sind, doch wenn die digitalen Hijacker in z. B. in Kalifornien sitzen und für unsere Iurisdiktion nicht so ohne weiteres greifbar sind, ist es schwierig hier etwas zu tun (bei vertretbarem Aufwand). Lieber auf kleiner Flamme kochen lassen, als Öl ins Feuer gießen.
Prinzipiell wird sich ein professionelles Identitätsmanagement, für PolitikerInnen wohl ein Must, heute mit den wesentlichen Social Networks auseinandersetzen müssen.
ein erster Weg wäre doch ein eigenes Profil zu starten und hier zu versuchen durch die Quantität an Verbindungen (Freundschaften) dem unerwünschten Doppelgänger das Wasser abzugraben. Ich denke, das wäre schon mal eine gute Option.
Das professionelle Identitätsmanagment wird sicherlich kommen, jedoch ist es hier im Internet (Stichwort Web 2.0) in Österreich noch nicht dringendst nötig, denn es lassen sich damit nur Bruchteile der Zielgruppe erreichen. Trotz allem wird es wichtiger und die Medienlandschaft wird immer zersplitteter und somit muss auch dieses Potential professionel gehandhabt werden.